Vom „Mami-Business“ zum Unternehmen auf Wachstumskurs

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Die Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“ hat Natalie Steger und Annika Götz mit einem Schlag bundesweit bekannt gemacht. Mittlerweile sind die beiden Gründerinnen von BADESOFA auch international erfolgreich. Im Interview erzählt Natalie Steger, wie aus einem „Mami-Business“ ein Unternehmen mit 15 Mitarbeiter:innen wurde, wie sie Arbeit und Familie unter einen Hut kriegt und welche Tipps sie anderen Gründerinnen geben würde.

Natalie, wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, dich in die „Höhle der Löwen“ zu begeben?

Unser Unternehmen haben wir 2019 gegründet, und das war anfangs tatsächlich ein „Mami-Business“ in Teilzeit. Unser Produkt haben wir erst einmal nur in unserem Freundes- und Bekanntenkreis verkauft. Wir sind losgezogen und haben Flyer gedruckt, haben verschiedene Haushalte geklappert und per Postwurfaktion versucht, erste Kunden zu bekommen. Wir sind zu Messen gefahren und haben so peu à peu erste Marketingmaßnahmen mit kleinem Budget aufgebaut. Aber wir haben schnell gemerkt: Wenn wir wirklich größer werden wollen, müssen wir schneller wachsen. Immer wieder haben uns Freunde und Bekannte gesagt, dass unser Produkt doch so innovativ sei, und dass es sich daher doch ideal für „Die Höhle der Löwen“ eignen würde.

Kurz zum Produkt: BADESOFA startete mit einem Unterwasserkissen, das den gesamten Rücken und Nackenbereich stützt, so dass man es sich in der Badewanne gemütlich machen kann. Und das aufgrund des Materials schnell trocknet, ohne dass Schimmel entsteht.

Genau. Die Idee ist im Grunde in meinem eigenen Badezimmer entstanden. Die Wanne war einfach zu lang für mich und der Badewannenrücken zu steil, so dass ich keine bequeme Position zum Baden fand. Mittlerweile haben wir unser Sortiment aber stark erweitert. Neben Kissen für die Sauna haben wir auch Bademäntel, Duftkerzen, Badeschaum oder Handtücher im Angebot.

Wieso das denn?

Wir konnten uns in der Zeit ganz anders aufstellen! Als wir uns bei der Sendung bewarben, waren wir noch zu zweit und hatten ein oder zwei Studenten, die mit angepackt haben. Wir haben unsere Kisten noch selbst gefertigt und zur Post gefahren – quasi aus der Garage heraus verkauft. Wir wussten: Wenn die Sendung ausgestrahlt wird, müssen wir das alles professionalisieren. Wir haben uns also eine Produktionsstätte, einen Logistiker und eine Agentur gesucht und die Produktion hochgefahren.

Mit Mami-Business in Teilzeit hatte das dann aber nicht mehr viel zu tun…

Nein, dann nicht mehr. Anfangs hatte Annika bei den ersten Terminen tatsächlich noch ein Kleinkind im Maxi-Cosi dabei, aber wir haben schnell gemerkt: Wenn wir das richtig auf die Straße bringen wollen, müssen wir mehr Zeit investieren. Und jetzt ist es ein Fulltime-Job.

Du hast drei Kinder zwischen sieben und dreizehn Jahren. Wie oft wird dein Mann gefragt, wie er Beruf und Familie unter einen Hut bekommt?

Nie! (lacht) Wobei ich sagen muss: Als es bei mir mit der Arbeit mehr wurde, hat er sich auch stärker zu Hause eingebracht. Vorher war die Aufgabenabteilung bei uns sehr klar, jetzt ist er da deutlich mehr in der Verantwortung. Aber wir haben uns auch externe Hilfe geholt durch Au-Pairs und eine Haushälterin.

Ihr seid dieses Jahr für den Gründerpreis NRW nominiert worden und expandiert jetzt auch in die USA – BADESOFA also komplett auf Erfolgskurs?

Tatsächlich läuft es sehr gut, auch wenn die Expansion eine Herausforderung ist. Wir haben im letzten Jahr aber einfach gemerkt, dass die Konsumstimmung in Deutschland und generell in Europa einen ordentlichen Dämpfer erfahren hat. Und da wir auf gesundes Wachstum ausgerichtet sind, haben wir das riesige Potential in den USA gesehen. Dort herrscht zum einen eine ähnliche Badekultur wie in Deutschland, zum anderen haben die Haushalte in der Regel zwei oder drei Bäder und mehrere Badewannen. Zuerst haben wir unsere Produkte aus Deutschland heraus verschickt, hatten schnell gute Verkaufszahlen und waren auch auf Social Media erfolgreich – da hat unter anderem die Tochter von Bruce Willis geschrieben. Die Versandkosten waren aber viel zu hoch; das Geschäft von Deutschland aus war einfach nicht profitabel, so dass wir uns dazu entschlossen haben, auch in den USA zu gründen.

So rückblickend: Was hättest du anders gemacht, wenn du die Zeit zurückdrehen könnten? Was waren Fehler, aus denen du gelernt hast?

Wie viele andere Start-Ups haben wir 2021, also in der Corona-Zeit, so gute Umsätze gemacht, dass wir dachten, dass das jetzt so weiter geht und haben entsprechend die Lager gefüllt. Die Menschen konnten nicht mehr rausgehen und wollten es sich zu Hause schön machen, da haben unsere Produkte sehr gut gepasst. Aber durch den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise sind die Lager immer noch voll. Zum Glück hat unser Produkt kein Mindesthaltbarkeitsdatum. Aber da wir komplett eigenfinanziert sind, ist das ein großes Investment, was wir im Vorfeld aufnehmen mussten. Da wäre ich heute etwas vorsichtiger unterwegs und würde noch mehr auf die Konsumstimmung achten.

Welche Tipps hast du für andere Frauen, die mit dem Gedanken spielen, ein Unternehmen zu gründen?

Für uns war es superwichtig, in den Austausch zu gehen. Bevor ich überhaupt angefangen habe, das Produkt zu entwickeln, habe ich mich den Mompreneurs angeschlossen und dort meine Idee gepitcht. Dort habe ich sehr gutes Feedback bekommen. Ansonsten war das Wichtigste, einfach mal loszulegen. Ich habe oft das Gefühl, viele zerdenken ein Produkt zu sehr. Das steht ihnen manchmal zu sehr im Weg. Sicher hat es uns geholfen, dass wir schon etwas älter waren und schon Berufserfahrung und etwas Kapital hatten. Für Neugründer, die frisch von der Uni kommen, ist das sicher eine andere Situation.

Was hältst du von einem Siegel, das Unternehmen, die sich im Eigentum von Frauen befinden, kennzeichnet? Ein Siegel, wie es IN FRAUENHAND verleiht?

Solche Siegel kenne ich bereits aus Amerika, da ist das bereits ein größeres Thema. Ich denke, dass es für viele Produktbereiche hilfreich sein kann und den Unternehmen eine andere Sichtbarkeit gibt. Es ist immer gut, so ein Herausstellungsmerkmal zu haben. Es ist so wichtig, dass Frauen Frauen unterstützen. Denn noch immer sind die Männer beruflich besser vernetzt. Frauen tauschen sich gerne privat aus, Business-Themen rücken da oft in den Hintergrund. Produkte oder Dienstleistungen, die insbesondere auf die weibliche Zielgruppe abzielen, erfahren in der Öffentlichkeit weniger Aufmerksamkeit. Wir wissen aus eigener Erfahrung: Wenn wir von unserer Businessidee erzählten, wurden wir anfangs oft belächelt. Erst mit steigenden Umsätzen stieg auch die Anerkennung aus den männlichen Reihen. Wir mussten lernen, selbstbewusst aufzutreten. Mit der richtigen Community im Hintergrund, als Teil einer besonderen Gemeinschaft, fällt das insbesondere am Anfang deutlich leichter. Auch deshalb unterstützen wir IN FRAUENHAND!

Glaubst du denn, dass Unternehmen von Frauen anders geführt werden als von Männern?

Bei uns ist das definitiv so, weil wir unzufrieden waren in unseren alten Jobs, und wir gemerkt haben, dass uns, die wir beide drei Kinder haben, von Arbeitsgeberseite nicht mehr so viel zugetraut wurde. Das hat uns wahnsinnig geärgert. Wie wir unser Leben mit den Kindern organisiert bekommen, ist ja unsere Sache. Deshalb haben wir es uns zum Credo gemacht, dass wir BADESOFA so aufbauen wollen wie ein Unternehmen, in dem wir selbst gerne arbeiten würden. Wir haben einen hohen Mütteranteil im Team und sind bei den Arbeitszeiten sehr flexibel. Ich glaube, wenn man es selbst nicht so erfahren hat – und die meisten Männer haben es nicht erfahren – dann ist man für diese Belange nicht so sensibel und erkennt auch den großen Mehrwert dieses Modells nicht.  

Das Interview führte Cornelia Achenbach.